Nachdem die Europäische Zentralbank die Zinsen für die meisten rentablen Geldanlagen praktisch abgeschafft hat, gewinnt der Handel mit Derivaten immer mehr an Bedeutung. Nicht nur der Handel mit CFDs steht hoch im Kurs, auch der Handel mit OTCs erfreut sich mittlerweile einer immer größer werdenden Beliebtheit. Um was handelt es sich bei dieser Form der Geldanlage und für wen kommt sie infrage? Welche Risiken und Chancen gibt es und was sollten die Anleger beachten, wenn sie mit OTCs handeln wollen?
Eine flexible Geldanlage
OTC ist die Abkürzung für „Over the Counter“, was wörtlich übersetzt so viel wie „über dem Schalter“ bedeutet. Die richtige Definition ist aber, OTCs werden nicht an der Börse gehandelt und das macht diese Geldanlage so interessant und vor allem auch so flexibel. Neben einer großen Flexibilität versprechen OTCs auch eine gute Rendite, allerdings ist es notwendig, Risiken einzugehen, wie das bei spekulativen Geldanlagen immer der Fall ist. Wer das Risiko scheut und auf eine sichere Geldanlage setzt, der sollte von einem Handel mit OTCs absehen, für alle anderen lohnt es sich, diesen Handel einmal genauer zu betrachten.
Welche Vorteile gibt es?
Alle Derivate, die an Börsen gehandelt werden, sind sehr stark standarisiert, denn nur so kann sowohl eine hohe Markttransparenz, als auch die Möglichkeit eines Vergleichs mit anderen Finanzprodukten erreicht werden. Durch diese Standarisierung ist die Auswahl der Produkte jedoch stark eingeschränkt, besonders für die Anleger, die spezielle Formen für ihre Geldanlage möchten. Bei OTC Derivaten gibt es keinen Standard und das ermöglicht es jedem Anleger, seine ganz individuelle Modifikation für sein gewünschtes Finanzprodukt zu finden.
Ein weiterer großer Vorteil beim Handel mit OTC besteht darin, dass es zwischen den jeweiligen Geschäftspartnern einen direkten Vertrag gibt, denn nur so wird eine schnelle Abwicklung überhaupt erst möglich. Da OTCs nicht an der Börse gehandelt werden, sparen die Anleger auch die oftmals sehr hohen Gebühren.
Die Nachteile beim Handel mit OTCs
Der Handel mit OTCs ist riskanter als der Handel mit den Derivaten, die an den Börsen gehandelt werden. So fallen unter anderem die sonst üblichen Kontrollmechanismen weg, denen börsengehandelte Finanzprodukte normalerweise unterliegen. Da es nur eine mangelnde Transparenz auf diesem Markt gibt, fällt es zudem schwer, die einzelnen Angebote miteinander zu vergleichen. Es waren vor allem die Derivate, die bei der Wirtschafts- und Finanzkrise des Jahres 2008 schwer gelitten haben und bis heute sprechen Kritiker im Zusammenhang mit Derivaten von gefährlichen Wetten, die die Finanzmärkte bedrohen. Ein Grund mehr zu fragen: Wie sicher sind OTCs?
Riskant oder nur ein Imageproblem?
Auch wenn seit der Lehman Pleite acht Jahre vergangen sind, der Handel mit Derivaten steht nach wie vor in einem schlechten Licht. Der Fairness halber sollte man jedoch erwähnen, dass es CDSs, die sogenannten Credit Default Swaps waren, die eine Mitschuld an der Krise getragen haben. Auch diese Kreditderivate werden wie OTCs, außerhalb der Börse gehandelt und durch die Finanzkrise wurde erst so richtig deutlich, wie riskant die intransparenten und unkontrollierbaren Märkte rund um spekulative Finanzprodukte sind. Viele Anleger haben im Krisenjahr 2008 ihr Geld verloren, weil sie auf Derivate gesetzt haben und auch viele Banken mussten um ihre Existenz bangen, da sie zu oft mit riskanten Papieren gehandelt und sehr viel Geld verdient haben.
Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass der Ruf nach einer Regulierung immer lauter wurde. Seit 2012 gibt es jetzt die European Market Infrastructure Regulation, kurz EMIR, die auf Initiative der EU für mehr Transparenz und vor allem auch für mehr Sicherheit sorgen soll.
Bildquellen: „risiko-derivate.jpg“ nguest001– pixabay.com / „handeln-an-der-boerse.jpg“ geralt – pixabay.com